Als Nachspeise bitte Feuchttücher.

Ich bin 12 Monate und 23 Tage alt.


Nach dem Essen meint Mama immer, sie muss die Reste desselbigen aus meinem Gesicht entfernen. Wenn das denn schon sein muss, dann aber bitte mit einem Feuchttuch. Nicht mit einem Stück wenig schmackhafter Küchenrolle. Nur ein Feuchttuch rundet eine Mahlzeit perfekt ab. Es schmeckt so wunderbar nach … naja, nach Feuchttuch eben. Wobei es mir gar nicht so sehr um den Geschmack als viel mehr um die Haptik geht. Wenn ich meine Zunge wieder und wieder mit dem Feuchttuch abwische, denke ich mir: So muss sich wohl das Fell einer frisch von der Mama geputzten Babykatze anfühlen. Und diesem Gefühl ist schwer zu widerstehen. Wenn Mama das nur verstehen würde. Immer will sie mir das Feuchttuch gleich wegnehmen. Sie meint, mit dem Abwischen meines Mundes sei die Sache erledigt, also weg damit. Aber nicht mit mir, meine Liebe! Ich will eine ganze Portion Feuchttuch als Nachspeise! Ich will mich daran laben – meine Zunge daran reiben, am Tuch herumzuzeln und es am liebsten weiter, noch weiter in den Mund stecken. Ein Mal drüber über den Mund ist sicher nicht genug.

Manchmal herrscht ein richtiges Gezerre um das weiße Tüchlein. Ich will es genießen und das ist genau das, was Mama nicht will. Sie verstehe nicht, was ich daran finde und dass das doch widerlich schmecken müsse, sagt sie, und ich muss erwidern: Nein, keineswegs und schon gar nicht ist es widerlich. Es ist so, wie sonst nichts ist und darum bereichernd. Und selbst wenn es das vielleicht mal nicht mehr ist, dann ist es immer noch ganz lustig, Mamas Gesichtsgymnastik zu beobachten, wenn ich mein Feuchttuch ein bisschen vernachspeise.

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