Ich hab den Drehwurm raus.

Ich bin 13 Monate und 30 Tage alt.


Ich mag das Lied „Brüderchen, komm tanz mit mir“. Besonders mag ich die Stelle „rundherum das ist nicht schwer.“ Da dreht man sich nämlich im Kreis. Mama hat mir gezeigt, wie das geht. Davor hat sie mir auch noch was gezeigt und irgendwelche Gesten zu „beide Hände reich‘ ich dir, einmal hin einmal her“ gemacht. Darauf kann ich aber verzichten. Ich drehe mich nur im Kreis herum, sobald das Lied startet. Oder ein anderes. Denn mittlerweile brauche ich zum Runderherum nicht mehr „Brüderlein, komm tanz mit mir“. „Hänschen klein“ tut’s auch. Oder „Es tanzt ein Bi-ba-Butzemann“. Genauso wie „Alle Vöglein sind schon da.“ Ich drehe mich einfach herum und rum. Geht sogar ohne Musik, habe ich jetzt festgestellt. Einfach um mich selbst drehen und Mama und Papa sagen hören „Dreh dich in die andere Richtung“. Das kann ich nicht. Ich kann nur rechts herum. Ich bezweifle auch, dass die andere Richtung so viel Spaß macht. Dass ich dann auch so schwindelig bin und wie ein Crashtestdummy durchs Wohnzimmer torkle. Und das finden Mama und Papa ja wohl auch zum Lachen.

Ich geb’s zu: Ich finde mich am tollsten.

Ich bin 13 Monate und 26 Tage alt.


Ja, ist so. Gebe ich ganz offen zu. Ich schaue mich selbst am allerliebsten an. Mehrmals täglich.

Mehrmals täglich hole ich mir ein Fotobuch aus dem Regal im Wohnzimmer, wo einige Fotobücher stehen. Auch schon ein paar, in denen ich zu sehen bin. Und das sind meine absoluten Favoriten. Andauernd könnte ich sie anschauen. Mama blättert ein Album mit Fotos von mir mit mir durch und wenn wir durch sind, dann möchte ich gleich noch einmal. Und noch einmal. Und dann noch ein paar Mal. Ich kann einfach nicht genug von mir kriegen. Mama versucht von Zeit zu Zeit, eines der anderen Fotobücher mit mir durchzuschauen. Eines, in dem ich nicht zu sehen bin. Aber das ist doch öde! Was soll denn das bringen? Also mir nix. Ich will mich sehen. Nicht Mama und Papa allein an irgendeinem Strand. Da liegen sie nur entspannt auf Liegen rum und planschen im Meer. Wie langweilig. Wie langweilig muss dieses Leben ohne mich doch gewesen sein.

 

Beethovens 5.

Ich bin 13 Monate und 23 Tage alt.


Ich muss in letzter Zeit oft Dinge herzeigen und da ich ihre Namen nicht kenne beziehungsweise die zu viele unterschiedliche Silben haben, die ich nicht aneinanderreihen kann, sage ich DA! Manchmal sage ich auch DA!-DA!-DA! Das ist dann oft der Moment, in dem Mama auch etwas sagt. Sie sagt „Schon wieder Beethovens Fünfte, mein Schatz?“ und dann macht sie TA-TA-TA-TAAAAA! und noch einmal TA-TA-TA-TAAAA! Das alles in einem sehr schönen Rhythmus. Manchmal nimmt sie zur Unterstützung desselben auch ihre Hände und neckt mich im TA-TA-TAAAkt genau dort, wo es kitzelt. Das finde ich sehr unterhaltsam.
Obwohl ich eigentlich verärgert sein müsste, weil Mama mein DA-DA-DA völlig ignoriert und nicht sagt, was ich herzeige.
Obwohl es vielleicht auch egal ist. Denn mich beschleicht das Gefühl, sie sagt mir nicht immer die Sachen, die ich ihr zeige. Ich ziehe zum Beispiel in Zweifel, dass das steinerne Ding, das so ähnlich wie ein Katzenkopf aussieht und am Zaunpfeiler der Nachbarn steht, Postkasterl heißt. Ich finde, das passt so gar nicht. Unterstützt wird diese meine Annahme auch dadurch, dass Mama mich manchmal fragt, was ich ihr denn nun DA! zeige und sie nicht wüsste, was ich DA! meine. Also bitte! Man muss sich doch nur von meinem Zeigefinger, den ich unterstützend zu vielen DA-s ausstrecke, eine verlängerte Linie denken und schauen, wo sie endet. So schwer kann das doch nicht sein, Mama.

 

Kontakt mit der Außenwelt.

Ich bin 13 Monate und 20 Tage alt.


Es war so weit, es ist jeden Tag so weit: Ich kann nicht nur im Wagerl sitzen und die Luft draußen atmen, ich kann jetzt auch draußen rumsitzen und den Boden draußen spüren – also mit Schuhen zwischen mir und dem Boden. Und ich weiß nicht, ob’s an dieser Zwischenschicht liegt oder woran, jedenfalls ist das da draußen eine eher wackelige Angelegenheit. Komisch ist das, ganz anders als drinnen ist das. Der Boden ist mal so und mal so ist der. Plötzlich ist der schief und dann wieder hügelig. Und dann sind da lauter Sachen! Wiese und Gänseblümchen und Blätter und Ästchen.

Das Allerbeste, was da ist, sind aber all die kleinen Steinchen, die da draußen im Garten an einer bestimmten Stelle liegen. Jedes einzelne Steinchen möchte ich in die Hand nehmen und Mama geben. Aber es sind so viele Steinchen! Ist eine ganz schöne Herausforderung. Doch ich schaff das. Bereits bei meinem 1. Außenkontakt habe ich die Steinchen gefunden und bei jedem weiteren starte ich sofort hin und verliere mich in der mir selbst gestellten Aufgabe. Ein Steinchen nach dem anderen, immer eins und dann noch eins. Ich bin sicher, ich kriege das hin, alle Steinchen in die Hand zu nehmen. Das Blöde ist halt, dass die Mama mich dauernd dabei unterbricht. Die findet die Steinchen nicht so faszinierend. Naja, die hat sie auch schon länger. Soll sie sich halt mal daran erinnern, wie toll es war, sie das 1. Mal zu haben.

Die 1. Runde geht an mich.

Ich bin 13 Monate und 16 Tage alt.


Ich möchte nicht aus dem Waschkorb kraxeln. Weil nämlich, als ich das das letzte Mal getan habe, bin ich damit umgekippt. Rausgepurzelt auf den Boden bin ich und hab mir die Rübe angehaut. Das hab ich mir gemerkt und mich geweigert, als ich bald darauf wieder im Waschkorb saß, rauszusteigen. Mama hat geredet und gequatscht und gebeten und gesagt, sie hält ihn und ich purzele sicher nicht wieder und ich könne das doch. Aber ich habe ihr nicht geglaubt und bin darin sitzen geblieben. Raus genommen hat mich Mama nämlich auch nicht. Nein, herumgetragen hat sie mich dann darin und gemeint, ich könne doch wohl rausteigen und ob ich den ganzen Tag jetzt da drin sitzen bleiben wolle. Wollte ich. Hatte ich so vor. Schließlich gab es so weit und breit keine Purzelgefahr. Außerdem hatte ich es sehr fein dort auf dem frisch gewaschenen Bettzeug. Gemütlich war’s und ich hatte endlich mal Zeit, mir meine Socken aber ganz genau anzuschauen. Ok, das war nach einer Zeit erledigt, aber den Waschkorb deswegen verlassen?

Nope.

Also hat mich Mama noch ein bisschen damit rumgetragen. Vom Schlafzimmer in die Küche ins Vorzimmer und wieder zurück in die Küche. Und dann habe ich den Wäschekorb doch verlassen. Natürlich nur auf sicherem Weg: Mama hat mich rausgehoben und gesagt: Die Runde geht an dich, mein Kind.

Waschtag!

Ich bin 13 Monate und 12 Tage alt.


Ich muss feststellen, ich finde es ganz fantastisch, wenn Wäsche zu waschen ist. Was ich daran so fantastisch finde? Jeden einzelnen Punkt!

  • Ich liebe es, wenn Mama die schmutzige Wäsche aus der großen Wäschetonne holt und sie in einen kleineren Wäschekorb tut. Dabei ist sie etwas schlampig, denn nicht das gesamte Gewand, das sie aus der Tonne holt, landet im kleineren Korb, vieles auch daneben. Ich helfe ihr dann immer und schmeiße alles, was rumliegt, in den Korb. Sie sagt dann immer so Sachen wie: „Das nicht, das ist schwarz.“ oder „Lass das, Mäuslein! Das ist keine 60°C Wäsche.“ Jajaja, manche lassen sich halt einfach ungern helfen, gell.
  • Wenn der Korb dann voll ist, kommt der beste Teil des Wäschewaschens. Ich darf nämlich in den Korb kraxeln und Mama trägt uns – die Schmutzwäsche und mich – hinunter in den Keller zur Waschmaschine. Dort kommt das Gewand hinein, ich darf nicht. Ich muss schließlich auf den Knopf drücken, der macht, dass die Waschmaschine zu gurgeln anfängt. Dann gehen wir wieder hinauf. Ich würde noch lieber im Keller bleiben, noch ein bisschen rumschnüffeln und Papas Croqs anziehen, aber Mama meint Nein – hier ist es dreckig – und lass diese hässlichen Schuhe vom Papa in Frieden.
  • Nach einiger Zeit kommt der zweite beste Teil: Mama holt die Wäsche aus der Maschine und ich darf wieder im Korb sitzen – wie ich das liebe! – und sie trägt uns – die jetzt nasse Wäsche und mich – hinauf ins Wohnzimmer. Dort kommt die Wäsche auf den Wäscheständer. Das finde ich nicht so pricklend. Ist ganz nett, Mama die einzelnen Kleidungsstücke zu geben aber nicht so der Bringer. Besser ist, wenn alles zum Trocknen aufgehängt ist und ich unter dem Wäscheständer hin und her laufen kann. Ist total lustig, wie die nasse Wäsche über meine ausgestreckten Hände und mein Gesicht kitzelt. Am besten ist, wenn so ein richtig großes Wäscheteil am Ständer hängt. Da kann ich mich richtig reinfallen lassen.
  • Der nächste Part ist wieder ein Naja. Wenn die Wäsche trocken ist, darf ich sie vom Trockner runterziehen. Aber – und das macht’s zum Naja-Part – ich darf das Gewand nur in Maßen rumschleudern in der Gegend. Mama schlichtet es in mir unverständlicher Ordnung in den Wäschekorb und wenn das mal passiert ist, darf ich gar nicht mehr ran.
  • Dafür kommt dann der letzte, wieder beste Teil: Ich sitze mit der Wäsche im Korb und Mama trägt uns in der Gegend rum. Diesmal geht’s nach oben in den Schrank, den ich sowieso liebe, weil dort so viele Laden sind, die ich aufziehen kann. Und so viele Schachteln, in die ich schauen kann.

Alles in allem besteht Wäschewaschen nur aus Pluspunkte. Schön, dass wir das so oft machen. Schade, dass ich das Gefühl habe, Mama bleiben die schönen Seiten eines Waschtages verborgen.

Ich kann jetzt nicht, ich telefoniere.

Ich bin 13 Monate und 9 Tage alt.


Telefonieren ist eine Tätigkeit, die sehr viel meiner Zeit einnimmt. Schließlich kann man es immer und überall tun – und vor allem mit so gut wie allem!

  • Mit der Radiofernbedienung kann man hervorragend telefonieren,
  • genauso wie mit dem Plättchen, das in meinem Trinkflascherl ist,
  • dem Glas Kokosöl,
  • dem Supermario-Dingens, das Mama zu unhandlich für ein Telefon hält, da geht sie glatt nicht ran!
  • Aber es geht es auch mit der Handyhülle,
  • dem Flascherl, aus dem ich jeden Morgen 2 Tropfen bekomme,
  • meiner Haarbürste,
  • einem Kugelschreiber
  • und sogar einer Stoffwindel.

Die Möglichkeiten sind unendlich. Doch egal, womit ich telefoniere, es gibt nur einen den ich anrufe: Ich rede ausschließlich mit Papa.

Stolz verkünde ich: Ich habe einen Bauchnabel!

Ich bin 13 Monate und 6 Tage alt.


Mama sagt, so heißt dieses Ding auf meinem Bauch: Bauchnabel. Fasziniert bin ich davon. Sehr schön finde ich ihn. Bei jeder Gelegenheit muss ich schauen, ob er noch da ist. Leider gibt es nicht so viele davon. Denn irgendwie kann ich mein Leiberl nicht hochziehen, wenn ich schauen will, ob er noch da ist. Das hängt immer fest. Mama will mich dann beruhigen, indem sie sagt, dass der Bauchnabel sicher noch da ist. Ich könne ihn doch durch den Body spüren. Hah! Mir ist es lieber, ihn zu sehen.

Die beste Möglichkeit ist immer beim Wickeln. Da liege ich dann und hebe meinen Kopf in seine Richtung, um sein Vorhandensein zu kontrollieren, was ganz schön anstrengend ist. Leichter ist’s im Sitzen. Da kann ich auch entspannt drüber streichen und darin herumpuhlen. Interessant finde ich, dass Mama auch einen Bauchnabel hat. Und sie könnte ihn dauernd ansehen, weil ihr Leiberl nicht wie meins irgendwo festgetuckert ist. Tut sie aber nicht! Muss auch ich erledigen. Wenn ich meinen begutachte, muss sie ihren auch herzeigen. So zwei, drei Mal während ein Mal wickeln. Man weiß ja nicht genau. Genau so mach ich es auch, wenn Papa mich wickelt. Der hat einen Bauchnabel, der verschluckt meinen ganzen Finger! Letztens habe ich auch schauen können, ob Oma einen hat. Hat sie! Ob die andere Oma wohl auch in Besitz eines ist? Oder Opa? Oder etwa alle Menschen?! Wenn ich die Gelegenheit bekomme, checke ich das.

 

 

These boots are made for wearing.

Ich bin 13 Monate und 3 Tage alt.


Von meiner Vorliebe etwas an den Füßen zu tragen, obwohl ich es nicht brauche oder es einfach keinen Sinn ergibt, habe ich bereits erzählt. Nun ja, meine Vorliebe hat sich nun spezifiziert. Gestern habe ich sie entdeckt: pinke Gummistiefel mit weißen Tupfen. Völlig unbeachtet und einsam lagen sie in einer Kiste in Mamas und Papas Kasten. Die musste mir Mama natürlich sofort anziehen. Wie äußerst interessant sich das anfühlt! Ich kann zwar kaum gehen damit, obwohl ich jetzt gehen kann, aber ich kann stiefeln damit. Also etwas stapfen. Und dann kann ich sie mir natürlich noch von den Füßen schütteln. Mama fragt, was das soll und sagt, das sei doch nicht gut, was ich da mache und ich sage:

Au contraire, ma chère! Ich find’s voll gut. Ich find’s so voll gut, dass heute mein 1. Gedanke nach dem Aufwachen war: Da liegen pinke Gummistiefel mit weißen Tupfen im Kasten! Also bin ich sofort hin und habe sie mir geschnappt. Dann habe ich darauf bestanden, den Raum nur mit ihnen zu verlassen. Es war gar nicht schwer, den schlaftrunkenen Papa davon zu überzeugen, dass ich die Stiefel zum Frühstück definitv brauche.

Mehr braucht man in der Früh nicht – Haferbrei und Gummistiefel.

Mehr braucht man in der Früh nicht – Haferbrei und Gummistiefel.

Am Nachmittag hab ich dann weitergeübt, mit den Stiefeln zu stapfen. Mamas für mich unverständlicher Kommentar dazu war: Jetzt muss es nur noch regnen.