Essen will ich spüren.

Ich bin 18 Monate alt.


Ich mag es, mit Mama einkaufen zu gehen. Wenn ich da drin sitze im Einkaufswagerl, gibt es so viel zu sehen, so viele Menschen anzulachen. Auch mag ich es, wenn Mama die Sachen, die gekauft werden sollen, mir gibt. Dann kann ich sie mir genauer anschauen. Bzw. kann ich sie im wahrsten Sinne des Wortes begreifen. Ich befühle sie von allen Seiten, drücke sie – falls möglich – zusammen und wieder auseinander, schüttle, quetsche und massiere sie. Ja, so nennt Mama das. Ihr genauer Wortlaut ist meist dieser: „Maus, hör bitte auf mit deiner Außenmassage, das tut dem Essen nicht gut.“

Ich muss feststellen, dass das nicht stimmen kann. Denn das meiste Essen wird vor dem Essen ohnehin geschnitten, klein gemacht oder irgendwie anderwertig vorbereitet. Es muss also egal sein, ob es im ganzen Stück oder Stückchen bei uns ankommt. Besonders gilt das für den Mozzarella. Der ist so extra herrlich zum Massieren – wie schön das Packerl durch die Hände flutscht und trotzdem etwas Kompaktes verspricht, das meine Finger zerdrücken möchten. Es sogar schon Mal geschafft haben, es sehr komplett zu zerdrücken! Und ich muss sagen: Wenn der Mozzarella fertig von mir massiert in Fetzen aus der Packung kommt, schmeckt er genauso gut wie als ganze Kugel, liebe Mama.

 

 

Die Macht des Wortes.

Ich bin 17 Monate und 28 Tage alt.


Ja, man denkt, wenn man ein bissi reden kann, könnte man auch mitreden, aber dem ist nicht so.

Mama sagt: Komm, wir gehen Essen machen. Ich rufe: Noocki!
Oder sie fragt: Hast du Hunger? Ich darauf: Nooocki!
Es kommt auch vor, dass sie vorschlägt, dass wir heute mal etwas Neues probieren. Ich bleibe dabei: Noocki!
Und wenn sie in aller Früh sagt „Komm, wir gehen runter frühstücken.“, ist meine Antwort dieselbe: Nooocki!

In den allermeisten Fällen – so mein Eindruck – bekomme ich auf meine Nooocki-Rufe die Antwort: Nein, heute gibt’s keine Gnocchi, die hatten wir erst. Das nächste Mal machen wir wieder welche, ok? Aber heute kochen wir uns Zucchini.

Ja, Nini, sind eh auch ok. Aber ich hätte so gern Noocki. Gerne jeden Tag.

Seifenblasen fangen.

Ich bin 17 Monate und 25 Tage alt.


Ja, das ist meine Mission diese Tage. Das erste Mal als ich diese schönen Bälle gesehen habe, habe ich sie nur bestaunt. Ich habe ihre Bewegungen studiert, um dann auf sie Jagd zu machen. Man denkt, dass es doch nicht so schwer sein kann, sich eine dieser dahinschwebenden Blasen zu schnappen. Aber denkste! Egal, womit ich sie erwische – der Hand, dem Fuß, der Nase – kaum hat man sie, sind sie auch schon wieder weg. Mama hat mich dann damit getröstet, indem sie mich selber welche hat machen lassen. Man muss pusten – aber vorsichtig! und – nicht die Pustevorrichtung küssen! einfach nur – sachte pusten! Trotz all dieser Hinweise habe ich es geschafft, welche zu fabrizieren. Mama war ganz stolz auf mich. „Super!“ hat sie gesagt. Und ich auch „Upa!“ Das gefällt mir übrigens auch am Seifenblasen machen – das neue Vokabular. Neben „Upa!“ habe ich noch gelernt:
Geh! – Mama sagt „Na geh!“, wenn die Seifenblasen schon beim Machen platzen. Und wenn sie das ein paar Mal hintereinander tun, folgt ein „Sakra!“: Satta! sag auch ich und finde das upa!

 

Nau, wie findest du das?

Ich bin 17 Monate und 21 Tage alt.


Seitdem ich auf der Welt bin, sperre ich meine Ohren weit auf. Seit geraumer Zeit verstehe ich auch ziemlich alles, was meinen Ohren zugetragen wird. Und nun, ja nun ist es endlich so weit, dass ich das Gehörte auch wiedergeben kann. Oft höre ich „Nau.“ mit Rufzeichen dahinter genauso wie mit Fragezeichen.

Mama sagt „Nau“, wenn meine Füße nicht mit einem Rutsch in die Schuhe wollen. Und noch mal „Nau.“, wenn sie sieht, dass es an meiner Zehe liegt, die abtrünnig geworden ist und sich außer- statt innerhalb des Riemchens befindet. Sie sagt „Nau.“, wenn ich mich müde auf meinen Polster fallen lasse, wenn ich meine Trinkflasche mit einem Schluck bis zur Hälfte leere und wenn es mir spontan einfällt, einfach aufzuspringen und wild drauflos zu rennen. Manchmal reicht ein „Nau“ nicht und sie sagt Nau-nau-nau-nau. Etwa wenn mein Laufrad – mit mir darauf – zu kippen droht.

Darum sage ich jetzt auch „Nau“. Wenn mir die Nudel von der Gabel flutscht genauso wie wenn mir Mama eine meiner Stinkewindeln vor die Nase hält. Nau, wie findet ihr das?

 

Mama vs. Monchichi.

Ich bin 17 Monate und 18 Tage alt.


In letzter Zeit schare ich gerne meine Lieben um mich. Um mich, auf mich, über mich und auch unter mir. Ich setzte mich auf einen Sessel, auf dem bereits der Kuschelhase und die Stoffpuppe Mia sitzen und möchte, dass Mama oder Papa noch mehr Plüschiges auf mich und um mich herum legen. So eingekuschelt fühle ich mich richtig wohl. Letztens hatte ich es mir gerade mit – eh nur zwei – Monchichis auf dem Sessel neben Mama gemütlich gemacht, aber irgendwas passte nicht. Ich musste etwas ändern. Ich konnte das aber nicht. Also habe ich Mama gedeutet und mit Gebrabbel versucht verständlich zu machen, was sie tun kann, um die Situation zu verbessern.

Lief nicht ganz rund:
Soll ich die Monchichis zu mir setzen? Willst du dich mit den Monchichis zu mir setzen? Soll ich mich zu euch setzen? Willst du nur den einen Monchichi zu mir setzen? Den anderen vielleicht?

Nein, nein, nein, Mama.
Dann endlich hat es bei meiner Mutter Klick gemacht: Du willst, dass ich aufstehe und die Monchichis auf meinen Sessel setzen?!

Ja-ja-ja! Endlich hatte sie es gecheckt! Aber das half leider nicht. Meine Mutter weigerte sich glatt, ihren Platz für meine zwei Äffchen aufzugeben. Hat einfach weitergegessen, die gute Frau. Es mangelt ihr eindeutig an Verständnis – und an Ausdauer. Als sie aufgestanden ist, um ihren Teller in den Spüler zu räumen, war endlich ich am Zug. Und die Monichichis. Sofort bin ich hingezischt und hab den von mir für sie vorgesehenen – und vorgewärmten – Platz gekapert.

Ich bin in der Arbeit.

Ich bin 17 Monate und 4 Tage alt.


Ich habe ein neues Spiel: Ich schnappe mir ein Tasche. Vorzugsweise eine aus dem Kasterl, wo nur Taschen drin sind. Das mache ich auf und hole so viele Taschen raus bis Mama sagt: „Es genügt.“ Aus der so eingeschränkten Auswahl finde ich dann trotzdem ein Sackerl, das mir zusagt und dann mache ich mich auf den Weg: Ich sage „Schü.“ zu Mama, winke ihr und verschwinde – entweder hinter den Küchenblock, gerne auch ins Vorzimmer. Ein paar Momente später bin ich wieder da, um mich erneut zu verabschieden. Das mache ich ein paar Mal und jedes einzige Mal verlangt Mama ein Bussi zum Abschied. Da kommen einige zusammen, so viel kann ich mal verraten. Was ich bis vor kurzem geheim gehalten habe, ist, wo ich hingehe. Mama fragt mich: Gehst du einkaufen? Gehst du eine Runde spazieren? Gehst du jemanden besuchen?

Ich habe mich nun entschieden, wohin mich mein Weg führt, wenn es mich mal wieder in die Küche oder ins Vorzimmer treibt. Wenn Mama mich jetzt also fragt, wo ich hingehe, sage ich: „Abeit.“

Schließlich sind dort alle, die gerade nicht da sind, habe ich das Gefühl. Papa ist in der Abeit und Oma und Opa sind zwar nicht in der Abeit, wie mir Mama erklärt, aber sie meint dann, sie erledigen vielleicht gerade eine Abeit im Garten oder Haus. Also sind sie in der Abeit. Und dort bin ich jetzt auch. Mama sagt „Na gut.“ dazu. Und ergänzt, sie bleibe derweil daheim und passe auf ihr Kind auf.

 

Ich bin du.

Ich bin 17 Monate und 11 Tage alt.


Wenn Mama mich fragt, wer die Kluppen ausgeleert hat, sage ich: Du.
Und wenn Mama mich fragt, wer die Bücher aus dem Regal gezogen hat, sage ich: Du.
Und wenn sie mich fragt, wer sich die Hose angepatzt hat, sage ich auch: Du!

Da fragt Mama noch ein Mal: „Wer hat sich die Hose angepatzt?“. Da stupse ich den Zeigefinger gegen meine Brust und wiederhole voller Überzeugung: „Du!“
Denn ich bin schließlich du. So redet mich Mama an: Sie sagt „Willst du ein Buch anschauen?“ oder „Möchtest du eine Nektarine?“ oder auch „Kannst du bitte nicht in den rohen Erdäpfel beißen?“

Trotzdem sagt Mama, ist sie verwirrt, wenn sie mich etwas fragt und ich antworte „Du.“ Sie denkt dann momentan, ich möchte ihr etwas unterstellen. Sie sagt, dass sie sich erst daran gewöhnen muss, dass ich du bin. Ich frage mich wiederum, wer Du denn sonst sein soll.

Ohne I.

Ich bin 17 Monate und 6 Tage alt.


Nachdem mir Mama die I-itis unterstellt, möchte ich hier festhalten, dass ich sehr wohl und sehr viel auch ohne I hinten sage. Nämlich all das, was ich wunderbar sagen kann. Abeit zum Beispiel. Da ist der Papa den ganzen Tag, erklärt mir Mama. Außerdem sage ich alles gern, was kurz und knackig ist: Fuß, Hand, Mund, Hut und Mani – so sagt die Mama zum Papa. Außerdem sage ich Worte, die mir gefallen – etwa Armband. Es gefällt mir schließlich auch, ein Band am Arm zu tragen. Und dann gibt es noch Worte, Namen, die ich sage, weil ich sie mit etwas Schönem verbinde. Wie den Namen einer meiner Tanten: Biggit. Mama wundert es, dass ich mir gerade diesen Namen zum Sagen ausgesucht habe. Habe ich doch andere Tanten mit wesentlich leichter auszusprechenden Namen. Die Sache ist aber die: Die anderen Tanten haben mir nicht den Fluschi Flauschewitsch geschenkt.

I-itis.

Ich bin 17 Monate und 3 Tage alt.


Die Mama und ich haben ein neues Spiel:
Sie sagt: „Katze“ und ich sag: „Katzi!“
Sie sagt: „Windel“ und ich sag: „Windi!“
Sie sagt: „Spangerl“ und ich sag: „Spangi!“
Die Mama wiederholt: Spangerl, ich auch: Spangi
Spangerl – Spangi, Spangerl – Spangi, Spangerl – Spangi

So geht das eine ganze Weile, bis die Mama sagt, dass sie versteht, warum alle Großen bei den Kleinen I-itis kriegen. Es liegt nämlich an den Kleinen. Die, also wir, also ich, sag alles, was geht, mit i hinten. Wieso auch nicht? Diese Universalendung macht alles leichter, scheint mir, liebe Mami-i-i. Und so hab ich auch kein Problem, wenn Oma mit mir Windi machi geht. Der Papa hingegen, der fragt die Oma glatt, was das denn sein soll, dieses Windi-machi. Lustig, dass mal jemand außer mir, etwas nicht versteht.