Mein Babytagebuch als Buch.

Ich bin 2 Jahre alt.


Die Mama hat ein echtes Buch aus meinem Babytagebuch gemacht! Vom ersten Jahr zumindest. Sie sagt, das ist, damit sie es mir zum 18. Geburtstag schenken kann. Oder zum 16. oder 14. Bis dahin dauert’s ja noch ein ganz klein wenig und vielleicht haben in der Zwischenzeit ein paar andere Bald- und Jung-Mamis Spaß daran, es zu lesen – hier kann man es jedenfalls erstehen:

https://www.amazon.de/Babys-Tagebuch-Welt-alles-passierte/dp/1541273451/ref=sr_1_3?s=books&ie=UTF8&qid=1487009543&sr=1-3&keywords=babys+tagebuch

Nachdem ich schon weiß, was alles passiert in dem Buch, weiß ich nicht, ob das soooo ein tolles Geschenk sein wird.

Nachdem ich schon weiß, was alles passiert in dem Buch, bezweifle ich, dass das soooo ein tolles Geschenk sein wird.

Mama meint aber, ich werde mich an nichts davon erinnern können. Glaub‘ ich nicht! Seit ich auf der Welt bin, ist so viel passiert und ich soll das alles vergessen? Unmöglich! Ich werde ab sofort probieren, nichts mehr aufzuschreiben und dann schauen, was ich morgen noch davon weiß.

Allein zuhause.

Ich bin 2 Jahre alt.


Die Mama hat, wie schon so oft, schnell den Müll rausgetragen. Flott ist sie raus bei der Haustür und hat gesagt, sie sei in ein paar Sekunden wieder da. Die Zeit hab ich dazu genutzt, um mal an dem Drehknauf an der Haustür rumzufummeln. Kurz darauf hat sich die Schnalle an der Haustür bewegt – aber nicht die Tür. Und dann hat’s plötzlich an der Tür geklopft, heftigst geklopft. Ich weiß eh, dass das die Mama war, weil sie zwischen dem Klopfen immer geredet hat. Sehr laut geredet, fast geschrien hat.

„Zwetschke!“, hat sie gesagt und dazu noch irgendwas, was ich nicht verstanden hab. „Warum kommt sie denn nicht einfach rein?“, hab ich mir gedacht, dann müsste sie nicht so schreien. Aber die Mama ist draußen geblieben. Ich hab mich in der Garderobe versteckt. Das hatte ich schon die ganze Zeit vor und ich fand, jetzt war endlich die richtige Gelegenheit.

Nach einer Weile hat es draußen wieder heftig geklopft: „Zwetschke, hörst du mich? Bist du da? … Zwetschke!!“ Ich hab mich dann gegen das Verstecken entschieden und dafür, auf die Rufe meiner Mutter zu reagieren. Sie hat mir gesagt, ich solle doch den Drehknauf noch einmal drehen so wie vorhin, nur diesmal in die andere Richtung: nach links. Das sei dort, wo das linke Ohr und der linke Fuß sind. Hab ich gemacht, da hat sich die Türschnalle bewegt aber sonst nichts. Daraufhin hat die Mama mich gebeten, den Drehknauf noch mehr zu drehen. Richtig angefeuert hat sie mich. Also hab ich noch mal. Wieder hat sich die Türschnalle bewegt und diesmal mit ihr die Tür! Und da stand die Mama wieder. Gleich darauf ist sie auf die Knie gefallen und hat mich umarmt. Ui, die war kalt! Dann hat sie mich etwas von sich geschoben, ernst angesehen und folgende Forderungen gestellt:

Ich solle

  • den Drehknauf an der Haustür nie nie wieder anfassen und
  • sie ja nie nie wieder aussperren.

Überdies soll ich aber bitte so eine neugierige, vife Plätschen bleiben.

Beim Essen kommt der Gusto aufs Singen.

Ich bin 2 Jahre alt.


Wenn Mama mir Essen macht, dann koste ich das sehr gerne – so lange es noch am Küchenblock steht. Dort esse ich die Gurke, löffle die Linsensuppe direkt aus dem Topf und koste sogar mal vom Paprika.

Kommt das Menü dann auf den Tisch, finde ich es lange nicht mehr so interessant. Denn so bald ich sitze, fällt mir ein, dass ich jetzt total gerne singen möchte. Oder noch lieber und zuerst das Mahlzeiten-Sprücherl aus dem Kindergarten aufsagen will: „Wia jeichen uns die Hände nach guiter alter Sitt‘ und wünschen uns zur Jause jecht guiten Appetit!“ Dazu müssen die Hände meiner Eltern in einer gewissen Position am Tisch liegen: Mit den Handflächen nach unten und ich lege meine darüber. Leider bewegen sich die Elterlichen dauernd und ich muss immer wieder nachjustieren. So dauert das mit dem Sprücherl eine Zeit. Zu lange für Mama, die dann schon öfter mal mit dem Essen beginnt, weil sie hungrig ist, sagt sie. Dazu meint sie noch, dass ich jetzt endlich auch zugreifen und nicht nur vom Essen reden soll.

Doch nach nur einem Bissen kriege ich so eine Lust auf singen! Am liebsten das Trommellied oder den Cowboy Jim. „Mach mit, Mama!“, fordere ich dann. Doch meine liebe Mutter weigert sich anzustimmen, so lange ihr Mund noch voll ist. Und der ist immer schrecklich lange voll. Sie sagt, das komme daher, dass sie meine Portion zum Schluss meist auch noch essen müsste, weil ich ja nicht und so. Ich würde eh essen. Später dann etwas aus der Lade – ein Schokoschirmchen zum Beispiel. Oder Gummibärli. Oder auch einen Schlecker. Das darf ich dann aber wieder nicht. Als ob es Essen und Essen gäbe. Komisch.

Zwei Jaje.

Ich bin 2 Jahre alt.


Gestern hat mich jeder gefragt, wie alt ich denn heute werde. „Zwei Jaje“ gab ich jedem sehr bereitwillig zur Antwort, hob meine Hand, um Daumen und Zeigefinger wegzustrecken, während die restliche Hand zur Faust geballt war. Auch schon Tage, sogar Wochen zuvor habe ich all das gemacht, als man mich nach meinem Geburtstag fragte. Und heute?

Heute interessiert sich niemand mehr für mein Alter.